Bunte Blumen im Wilden Westen Es krisselt geräuschvoll im Hintergrund, schnarrige Daisy-Duck- Stimmen und beherzte Fiddle-Klänge ertönen - die HörerInnen der CD "Flowers in the Wildwood" fühlen sich plötzlich in einen staubigen Salon im Wilden Westen versetzt. Dort treffen sie auf rauchende und trinkende Westernladies in langen Rüschenröcken mit ausladenden Busen und staubigen Stiefeln... "Flowers in the
Wild Wood" versammelt Stücke der bedeutendsten weiblichen Country-Bands
der 30er Jahre, der Zeit, in der das Genre gerade erst in den Kinderschuhen
steckte. Ein Hyäneschrei?
Ein Hühnergackern? Nein, es handelt sich nicht um die Aufnahme durchgedrehter
Tiere auf einer texanischen Farm, sondern um gewagte Jodel-Einlagen, für
die besonders die "Cackle Sisters" in der frühen Countrymusik
der 30er Jahre berühmt (und berüchtigt?) waren. Carolyn DeZurik,
eine der Schwestern, erzählt: Die langgezogenen, leiernden Klänge in den Liedern voller Sehnsucht sind auf eine seltsame Art beruhigend. Es scheinen Stimmen von Frauen zu sein, die wissen, wie der Hase läuft und die einfach ein Lied davon singen können, wie uns das Leben mit all seinen Enttäuschungen zu schaffen macht und uns trotzdem nicht unterkriegen kann. Die Botschaft der Songs ist oft fast religiös und es schallt der Hörerin auch mal ein "Halleluja" entgegen. Da alle Liebenden am Ende ja doch wieder voneinander getrennt werden, sind Sterblichkeit und Todessehnsucht in den Songs durchaus positiv dargestellt. Nach dem langen Leidensweg des Lebens gelangen wir Waisen, Wanderer und Verlorene ja doch in den Himmel... Viele der Texte, die
meist von Männern geschrieben wurden, repräsentieren zudem eine
Idealvorstellung der Frau als tugendhafte Maid und Hüterin von Haus
und Hof. Clevere Geschäftsfrauen: Die Country-Ladies hatten schon damals durchaus eine Idee vom richtigen Marketing: Im harten Show-Business gab es zwei Stereotypen, denen man sich eben unterwarf, um bei den HörerInnen anzukommen. Entweder trat man als nette Hausfrau mit Haube und altmodischem Text auf, um die Leute wie die "Coon Creek Girls" mit der Pseudo-Sicherheit des Heims einzuwickeln. Oder aber man setzte wie die Girls in the Golden West" auf Cowboyinsignien, um den Traum von der Freiheit des Wilden Westens zu verkörpern. Die Stücke sind
von den typischen Wildwood- Instrumenten Fiddle und Banjo begleitet oder
acapella gesungen, immer aber durch diesen typischen Auf-und-Ab-Singsang
gekennzeichnet. Erwischt... Hören Sie mal in Nummer 17 der CD hinein. Hört sich verdächtig nach "Oh Lord, won't you buy me..." von Janis Joplin an. Hat die grandiose Bluessängerin etwa bei "Aunt Molly Jackson" abgekupfert und ist ihre Inspirationsquelle die Early Country Music gewesen? Schön ist das Booklet zur CD. Es enthält interessante Interviews mit noch lebenden Mitgliedern der Bands und außerdem authentische, colorierte SW-Fotos, die das Flair einer vergangenen Zeit wiederaufleben lassen. (Aviva- - Kirsten
Eisenberg) |
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last updated: 24.05.2003 | top |