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Das Ende der Reise - Zum Tode von Dario Domingues
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Sein
Debut gab der Indianer aus Chiles Anden in Deutschland. Es war das Album
„The End of the Yagans' Journey„, 1981 bei Trikont-Unsere Stimme. Die
Yagan lebten in Feuerland; sollten sie tatsächlich über Sibirien und Nordamerika
an den amerikanischen Südzipfel Terra Del Fuego gewandert sein, dann war
dies das Ende ihrer Reise. Die Yagans wurden Opfer eines Völkermords;
in den Siebziger Jahren verschwand der letzte Nachfahre des Stammes aus
dieser Welt. Damit war die Reise endgültig zu Ende. Die Titel des Albums,
das er den Yagan widmete, waren Stationen einer persönlichen Reise des
Musikers Dario Domingues. Das Erstlingswerk erhielt den Preis der Deutschen
Schallplattenkritik.
Dario wurde 1950 als Sohn einer Mapuche-Indianerin
und eines Italieners in Chile geboren. Als er sich, im Studentenalter
bereits, in den Bergen als Schafhirte etwas Geld verdiente, griff er in
der Einsamkeit erstmals zur Flöte. Das war der Beginn seiner Karriere.
Gefragt, wie er sein Geld verdiene, antwortete er von nun an: „Ich blase
in einen Grashalm.„ Er entkam dem Pinochet-Regime und machte sich auf
die Reise hinauf in den hohen Norden. In der kanadischen Hauptstadt Ottawa
ließ er sich nieder. Hier wurde der indianische Folksänger Willie Dunn
auf ihn aufmerksam und holte ihn zu sich ins Studio. Auf Willie Dunns
viel beachtetem Album „The Pacific„ war der Mapuche-Flötenspieler erstmals
zu hören.
Er begleitete Willie Dunn auf einer Deutschlandtournee
und begeisterte sofort das Publikum. Dario bot nicht die Andentöne, die
in deutschen Fußgängerzonen zum Inventar gehören, sondern formte aus spanischen
und indianischen Elementen seine eigene Musik und sparte dabei nicht mit
kritischen Tönen. Für sein erstes Album kam er mit Rohmaterial angereist
und ergänzte es mit Musikern der Münchner Szene; Sparifankal gehörten
ebenso dazu wie die Fraunhofer Stubnmusi. Dario übte sich in Weltmusik,
als es sie offiziell noch gar nicht gab.
Bald war er ein fester Bestandteil der Konzertszene
zwischen Kiel und Klagenfurt. Kurz betrat er auch, an die Hand genommen
von Eberhard Schöner, die TV-Pop-Landschaft. Doch im Großen und Ganzen
blieb er sich treu und näherte sich nach sieben Alben wieder den puren
Formen des Anfangs.
Gegen Ende der 90er Jahre wurde seine Arbeit
als Musiker und Komponist gewaltsam unterbrochen: Betrunkene hatten ihn
überfallen und lebensgefährlich verletzt. Nur langsam kam er wieder auf
die Beine - gestützt von seinem 13jährigen Sohn, den er alleine aufzog.
Davon erzählte er und von anderen schwierigen Phasen, als er im Herbst
1999 wieder durch Deutschland und Österreich reiste. Er erzählte davon
wie einer, der nach einer beschwerlichen Reise, wieder heil bei sich gelandet
war. 'Mein Sohn ist der Inhalt meines Lebens', sagte er,'er ist mein bester
Freund'.
Am Ostermontag rief mich Willie Dunn aus
Ottawa an. Dario hatte sich das Leben genommen. Wir wissen nicht, was
ihm das Dasein auf Erden unerträglich werden ließ. Seine Reise ist zu
Ende, und wir sind froh, daß wir ihm manchmal auf seinen Wegen begegnet
sind.
(Claus Biegert)
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