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E R S Ü D E N I S T Ü B E R A L L
Entscheidend
ist nicht, dass der Strand von Rimini – wie auf der neuen CD „Rimini Sendling
Hasenbergl“ – so aussieht, als wäre das Hasenbergl ans Mittelmeer gerückt,
nur ein lausiger Sandstreifen trenne es vom Wasser. Entscheidend für die
No Goods ist vielmehr, dass es etwas geben muss, was Süden und Sendling
eint, was das Hasenbergl ein paar Kilometer Richtung Sonne schiebt, ins
Theatron nämlich, dorthin, wo die No Goods die Musik jener neuen CD präsentierten,
die so fremd wirkt im mittlerweile technoid aufgemotzten Betonrund, aber
doch halt genau richtig.
So wie Peter Pichler und Bassist Tschinge
Krenn die No Goods sind und die, die am Abend mit ihnen auftreten auch,
und die, die nicht dabei sind, halt nicht – so ist ihre Musik viel mehr
Zustand denn greifbare Notation. Was insofern ein Widerspruch ist, denn
nach Seemannschören und akustischem Techno ist Pichler bei einer Ausgefeiltheit
seiner Arrangements angelangt, die so präzis wie scheinbar zufällig ist.
Perkussion, singende Säge, drei Bläser, Bass, Geige und Pichlers Akkordeon,
E-Piano, Gitarre und Zither werden organisiert gemäß dem Auftreten Pichlers:
also mit dem überwältigenden Charme eines klugen Vorstadtstenzen, der
rettungslos sentimental ist, aber nie weinerlich, da er weiß, dass es
einen Süden gibt.
Der Süden nun ist überall. Im Stolz auf
Sendling, im Aufruf, auszusteigen genauso wie in einer Elektro-Polka und
einer verwehten Melodie. Die No Goods sind immer auf Heimreise ins Glück;
dabei sind sie weltweit in München tätig, sind sie Heimatmusikanten mit
Sehnsuchtserfahrung. Ihre Traurigkeit ist ihr Glück, und sollte sie zu
viel werden, bewegen sich die zwei Mitsängerinnen in einer Art komplex-ironischem
Ausdruckstanz und hüpft Tschinge mit dem Kontrabass herum. „Seid nicht
scheu, bewegt Euch!“ Aber nicht zu viel, denn im Süden ist es heiß. Und
ausschwitzen kann man ihn eh nicht, sondern innen drinbehalten, ganz tief.
So tief wie das, woher man kommt.
(Egbert Tholl - SZ - 22.08.2000)
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