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  Über Uns Frühe Jahre | International Connection | Gnadenlose Unterhaltung

Abendzeitung: TRIKONT Porträt


Bosten Phoenix Artikel über Trikont

Bewegliche Ziele Bewegliche Ziele. Die frühen Jahre
Seit 25 Jahren ist Trikont - Our Own Voice jetzt dem Guten, Schönen und Radikalen in der Musik verpflichtet. Sind wir trotz widrigster Umstände Geburtshelfer für abenteuerlich-vielfältige Musiken, die im Kulturgetriebe und in den Regalen der Konsumleere eigentlich nicht vorgesehen waren. Über 250 Schallplatten haben wir so veröffentlicht und sind ganz nebenbei auch der älteste unter den "unabhängigen" Musikverlagen geworden.
Der Trikont-Verlag gründete sich 1967 als einer der ersten Verlage der außerparlamentarischen Bewegungen. Er stammt also aus den sechziger Jahren, aus einer Mixtur von Befreiungsversuchen: dogRock'n Roll, Gammler, Subversive Aktion, Anti-Vietnam-Bewegung, Hippies, Neue Linke, Sexuelle Befreiung, Neue Welle im Kino, antikapitalistische Arbeiterkämpfe, regionalistische Aufstände in der europäischen Peripherie, in den USA Alternativbewegung. Neue Indianerbewegung und Black Panther. Daraus wird 1968 in allen westlichen Industrienationen ein weltweites Symbol der Rebellion gegen die kapitalistische Gesellschaft.
Der Buchverlag überlebte die Zeit nicht. Aus der 1971 begonnenen Schallplattenreihe Trikont - Unsere Stimme aber begründete sich der dann höchst lebendige und gegenwärtige Musikverlag neu. "Musik von unten" wurde unser Markenzeichen. Aber damit waren keine schwieligen Kehlen aus dem Repertoire des Proletenkults gemeint, sondern lustvolle und ernste, radikale und witzige Angriffe auf die Vorherrschaft der Expertenkultur und kommerzieller Glätte.

From Coast to Coast From Coast to Coast. International Connection
Der Blick auf die Welt von unten, die internationale Dimension, war ein Gründungsmotiv von "Trikont" (Dritte Welt) als er sich 1967 als Verlag der beginnenden außerparlamentarischen Opposition gründete.
Auch für die Musikproduktion (seit 1971) blieb Internationalität und Multinationalität, blieben Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt, Kampf gegen faschistische Regime in Europa wichtiger Teil von Trikont - Unsere Stimme. Dazu kamen im Inneren überwältigender Zentralgesellschaften Befreiungsversuche gegen inneren Kolonialismus, so der Kampf der Schwarzen und Indianer in den USA, so Regionalbewegungen in Europa. Lotta Continua Rock'n Roll, Gammler, Oder einfach nur die Resistenz eigenständiger Populärkulturen gegen die Gleichmacherei mächtiger Marktdiktaturen. Die musikalische Geschichte derer, die man die kleinen Leute nennt, eine Geschichte der Wurzeln und Entwurzelungen, der Fremdheit und der Anpassung. Traditionelle Musiken, deren vornehmste Tradition es ist, daß sie sich ständig verändern - in eigenem Rhythmus. Für Trikont - Our Own Voice bleibt das Programm: die Musik der Welten, die Welten des Widerstands und Eigensinns, die Roots-Musik.

Hier & Jetzt Gnadenlose Unterhaltung. Hier & Jetzt
In den paar Jahren seit Trikont - Our Own Voice 1971 begann auch Musik zu verbreiten, hat sich verdammt viel geändert. Das eigene Leben war komplizierter und die Gesellschaft noch übermächtiger als der junge Radikalismus begreifen konnte. Zu "Kapitalismus" kam "Industriegesellschaft", mit ihrer überwältigenden Macht, ihren nie gekannten Aufbau- und Zerstörungspotenzen. Wo die Individuen und ihre Assoziationen im schwarzen Loch der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden drohen, muß auch der Blick in der Musik gnadenloser werden, will sie zum Lebens-Unterhalt beitragen. Solche Erfahrungen meinte vielleicht Herbert Achternbusch: "Zuerst dachte ich ich bin eine Stimme der Leute. Dann dachte ich ich bin eine Stimme der Schriftsteller. Dann dachte ich ich bin meine Stimme. Dann war ich nur eine Stimme."
Unsere Geschichte hat den "Charakter der Notwendigkeit" (Attwenger), niemand kann sie uns abnehmen. Auch nicht, was wir noch alles tun können, müssen und wollen. Wir wollen also auf der einen Seite die Freiheit des Ausdrucks fördern, und das heißt auch, mit der musikalischen Sprache zu experimentieren. Ein Avantgardismus allerdings, der sich lediglich als eine Art Gegenkommando negativ aus der herrschenden Ästhetik definiert, interessiert uns nicht. Andererseits suchen wir "Traditionen" lebendig zu erhalten. Geier Nicht die jeweilige, offizielle, glänzende, staatstragende, sondern die vielen mit Eigenheit ausgestatteten, in denen die einzelnen subversiv gewahr werden, was schön und was wahr ist. In Normen über sogenannt "zeitgemäß Produziertes" oder Standards einer "Weltmusik" gibt sich Einheitsbrei und Elitismus aufgeblasene Qualitätsmerkmale. Dazu sagt Herbert Achternbusch "Dieser Mangel an Eigenständigkeit wird durch Weltteilnahme ersetzt. Man kann aber an der Welt nicht wie an einem Weltkrieg teilnehmen. Weil die Welt nichts ist. Weil es die Welt gar nicht gibt. Weil Welt eine Lüge ist. Weil es nur Bestandteile gibt, die miteinander nichts zu tun haben brauchen. Weil diese Bestanteile durch Eroberungen zwanghaft verbunden, nivelliert wurden. Welt ist ein imperialer Begriff. Auch wo ich lebe ist inzwischen Welt." "Der jeweils herrschenden Allerweltswirklichkeit zum Trotz" machen wir weiter.
25 Jahre sind ein guter Anfang.

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last updated: 01.12.1999 | top